Photo: Weiden am Rheinufer bei Wiesbaden-Schierstein
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Jesus geht zu seinem Leiden
1.) Jesus geht zu seinem Leiden,
Auf, und lasst uns mit ihm gehn!
Bannt von euch die eitlen Freuden,
Die euch in dem Wege stehn.
Tretet zu der Jünger Schar
Und verlobt euch ganz und gar,
Wo ihr wollt mit Christo erben,
Auch zuvor mit ihm zu sterben.
2.) Jesus rufet: Seht mich gehn
Gen Jerusalem hinauf!
Und gibt deutlich zu verstehn,
Dass der angestellte Lauf
Nur an diesen Ort gericht',
Wo man ihm das Urteil spricht,
Und am Kreuze sucht zu töten
Nach den Schriften der Propheten.
3.) Jesu, lass mir deine Wunden
Stets vor meinen Augen sein.
Was die Jünger nicht verstunden,
Drücke mir ins Herz hinein.
Was verborgen ihnen war,
Stell mir stets im Bilde dar,
Wie du hast von denen Heiden
Band und Geißel müssen leiden.
4.) Ach, die Woche werden viele
Dich auf's Neue kreuzigen.
Bei des Teufels Fastnachtsspiele
Sich in Larven lassen sehn.
Ach, entlarve meinen Sinn,
Dass ich nicht so gottlos bin,
Sondern an dein Blut gedenke
Und dich nicht von Neuem kränke.
5.) Ach, was darf man Larven tragen,
Sind wir doch schon geistlich blind,
Müssen leider alle klagen,
Dass wir wie der Bettler sind,
Der am Wege dorten saß,
Was für Torheit ist doch das:
Man will andern sich verdecken
Und doch selbst in Blindheit stecken.
6.) Nimm die Schuppen von den Augen,
Bei den Kindern dieser Welt,
Weil die Werke gar nicht taugen,
Wo man dein Gedächtnis hält.
Wirf den Teufel in den Pfuhl
Und zerstöre Satans Schul',
Ach, bekehre, die dir fluchen,
Komm zu denen, die dich suchen.
7.) Will mich gleich die Welt bedräuen, (a)
So werd' ich, o Davids Sohn!
Noch viel schärfer zu dir schreien,
Du bist ja mein Gnadenthron.
Ach, erbarm', erbarm' dich mein!
Und lass deinen Wunderschein
In die blöden (b) Augen lachen
Und mein Herze lichte machen.
8.) Also seh ich dich im Glauben,
Bis ich dort im Schauen bin:
Will der Tod das Licht mir rauben,
Nimmt er nur, was lieblich, hin.
Ich muss doch, wenn das geschehn,
In Jerusalem dich sehn.
Nicht, wo man dein Kreuze hebet,
Sondern ohne Kreuze lebet.
(a) bedrohen
(b) blinden
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Text: Benjamin Schmolck
Melodie: Jesus, deine tiefen Wunden
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gefunden in:
Geistliches neuvermehrtes
Altenburgisches Gesang- und Gebetbuch,
Altenburg, 1778. Liednummer 813
Kapitel: Vom Leiden und Sterben Jesu Christi
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Benjamin Schmolck, geb. 21.12.1672 in Brauchitschdorf (Schlesien), evangelischer Pfarrer in Schweidnitz/Swidnica (heute Polen), bekannt als Erbauungsschriftsteller, zuletzt gelähmt und erblindet; gest. 12.02.1737 in Schweidnitz.
Er wurde 1702 Pfarrer an der Friedenskirche in Schweidnitz, einer der nach dem westfälischen Frieden nur drei verbliebenen evangelischen Kirchen in Schlesien.
Dort war sein Wirken vor allem vom Kampf gegen die Gegenreformation gekennzeichnet. Er dichtete etwa 1200 Lieder, die in 20 Sammlungen herausgegeben wurden, und verfasste zahlreiche Erbauungs- und Gebetbücher. Beeinflusst durch den Pietismus war er ein herausragender und bekannter Kirchenlieddichter von ungewöhnlicher Frömmigkeit, Standhaftigkeit und ausgeprägter Christusliebe.
Das Evangelische Gesangbuch enthält heute fünf seiner Lieder, darunter 'Jesus soll die Losung sein' (EG 62), 'Schmückt das Fest mit Maien' (EG 135) und das allseits beliebte Sonntagslied 'Tut mir auf die schöne Pforte' (EG 166).
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Benjamin Schmolck (1672-1737) was a German Lutheran composer of hymns.
He was born as a pastor's son in Brauchitschdorf (Chróstnik), Silesia on December 21, 1672. After attending the gymnasium in Liegnitz (Legnica), he studied theology at the University of Leipzig from 1693 to 1697. In 1702 he was ordained as a deacon at the Protestant Church of Peace and in 1714 as the pastor of the Church of the Holy Trinity in Schweidnitz (Swidnica), where he stayed for the rest of his life. Influenced by the pietism movement he became the most popular hymn writer of his day. His compositions include 'My Jesus as Thou Wilt' and 'A faithful friend is wandering yonder'. Schmolck died in Schweidnitz on February 12, 1737.