Photo: Antependium in der Anglikanischen St. Augustin-Kirche in Wiesbaden
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Mein Gott, du weißt am allerbesten
1.) Mein Gott, du weißt am allerbesten
Das, was mir gut und nützlich sei,
Du kannst allein mein Heil befesten,
Weg mit dem eigenen Gebäu!
Gib, Herr, dass ich auf dich nur bau
Und dir mit ganzem Herzen trau.
2.) Reiß alles weg aus meiner Seelen,
Was dich nicht sucht, und deine Ehr'.
Ja, wollte es sich auch verhehlen, (a)
So prüfe selbst je mehr und mehr
Mein innere Beschaffenheit
Und gib mir Herzens-Redlichkeit.
3.) Dass ich könn' in der Wahrheit sprechen:
Du bist mein Vater, Licht und Heil.
Du heilest alle mein' Gebrechen, (b)
Und schenkest mir an Christo Teil.
Du bist mein allerliebster Freund,
Der's allzeit herzlich mit mir meint.
4.) Denn kann ich dich nur Vater nennen,
O Abgrund der Barmherzigkeit,
So muss mir alles nutzen können,
Was man sonst heißet Kreuz und Leid:
Denn auch das Bittre süße ist,
Wenn du, o Gott, im Herzen bist.
5.) Drum gib, dass ich recht kindlich gläube,
Und nun fein frisch und unverzagt,
Jedoch in Demut, mir zuschreibe,
Was mir dein heiligs Wort zusagt.
Dein Geist erkläret meinem Geist,
Was deine Vatertreue heißt.
6.) Du, unerschaffnes höchstes Wesen,
Hast vor der Welt an mich gedacht,
Und als ich gar noch nie gewesen,
Den liebesvollen Schluss (c) gemacht,
Dass ich in Christo dein soll sein,
Und frei von aller Höllenpein.
7.) Dein Kind, mein Jesus, hat vollendet,
Was du beschlossen vor der Zeit,
Hat Schuld und Strafen abgewendet,
Und mir geschenkt die Seligkeit.
Dein Geist, der mir dies macht bekannt,
Ist alles dessen Unterpfand.
8.) Ich weiß nicht, was ich sonst soll sagen
Von deiner Treu, die ich verspürt,
Als du mich hast in meinen Tagen,
Bis hierher wunderbar geführt.
Ja, dort bei dir in Ewigkeit
Ist mir das Beste noch bereit.
9.) Nun, Herr, ich falle dir zu Füßen,
Und bitt', o allerhöchstes Gut!
Lass mich, wie Wachs, doch ganz zerfließen
In dieser deiner Liebesglut.
Ach, gib, dass meine Gegentreu
Doch stets in meiner Seele sei.
10.) Und weil ich auf so viele Weise,
Mein Vater, bin dem Eigentum,
So gib, dass ich auch dir zum Preise,
Und deines großen Namens Ruhm,
Stets diene in Gerechtigkeit,
Und dir beliebter Heiligkeit.
11.) Du musst das Gute selbst vollbringen,
In Worten, Werken und Verstand.
Drum reiche mir in allen Dingen,
Aus Gnaden, deine Vaterhand.
Denn hier gilt nicht, wer rennen kann,
Bloß kommt's auf dein Erbarmen an.
12.) Legst du was auf, so hilf's auch tragen,
Gib mir Geduld in Leidenszeit,
Und sei in gut' und bösen Tagen
Mein Trost, mein Rat und meine Freud.
Gib Demut, Einfalt, Lieb' und Zucht.
Was falsch und hoch (d) ist, sei verflucht.
13.) Nun, Amen! es sei fest geschlossen,
Nur dass des Heilgen Geistes Kraft
Bleib über mir stets ausgegossen,
Als welche alles Gute schafft.
So bleibt's in Ewigkeit dabei,
Dass du mein, und ich deine sei.
(a) im Ungewissen bleiben
(b) Nach christlicher Vorstellung unterliegt jeder Mensch der Erbsünde, die durch den Sündenfall Adams auf ihn gekommen ist und erst durch Jesus Christus und seinen Opfertod am Kreuz aufgehoben wurde. Das Verhaftetsein in der Sünde wird oft mit dem Begriff der Krankheit, der Seuche, des Gebrechens, einer Wunde, des Elends, des Frevels, der Flecken, des Fluchs, der Nacht oder des Schadens umschrieben.
(c) Entschluss
(d) hochmütig, eitel
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Autor: Israel Clauder
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten
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Vermehrtes Schönburgisches Gesangbuch
Herausgegeben von Johann Georg Schulz
Waldenburg 1796
Liednummer 812
Thema: Gottvertrauen, Kreuz und Trost
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Israel Clauder (* 20. April 1670 in Delitzsch/Sachsen, † 29. November 1721 in Bielefeld) war ein deutscher evangelischer Theologe, Hofprediger und Lieddichter.
Sein Vater war Jacob Clauder (1617-1669) und seine Mutter Anna Barbara, geb. Hülsemann, Tochter des Johann Hülsemann, eines Professors in Leipzig.
Clauder besuchte zunächst die Schule in Merseburg und immatrikulierte sich im Jahr 1689 an der Universität Leipzig, wo er 1693 den Magister-Titel erwarb. Ab 1694 lebte er als Hofmeister eines Sohnes von Philipp Jacob Spener in Gießen und zog mit diesem im Jahr 1696 zuerst nach Berlin und anschließend nach Livland, von wo er 1696 als Inspektor und Hofprediger an den Hof von Hessen-Darmstadt wechselte. Bereits ein Jahr später übernahm er in Halberstadt ein Amt als Pfarrer an der Kirche zum Heiligen Geist, kehrte aber 1698 nach Darmstadt zurück, wo er bis zum Jahr 1706 als Pfarrer und Hofprediger wirkte. Im Jahr 1698 heiratete Clauder Agnes Holzhausen in der Barfüßerkirche in Frankfurt am Main. Ab 1706 verbrachte Clauder drei Dienstjahre in Derenburg im Harz, bevor er von 1709 bis 1719 an der Kirche St. Pauli in Halberstadt das Amt eines ersten Pfarrers versah. Im Jahr 1719 wurde er vom König von Preußen zum Superintendenten und Konsistorialrat der Grafschaft Ravensberg berufen und übernahm gleichzeitig das Amt eines ersten Predigers der Altstädter Gemeinde zu Bielefeld in Westfalen, wo er zwei Jahre später im Amt an einem Schlaganfall verstarb. Er ist der Verfasser von kirchlichen Liedern, die beispielsweise in das Hallische Gesangbuch aufgenommen wurden. Sein Lied 'Mein Gott, du weißt am Allerbesten' dichtete er auf einer Reise während eines gefährlichen Seesturms. Dieses Lied fand weitere Verbreitung und wurde mehrfach umgedichtet.
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