Wie schön, o Gott, wie voll von Freude
1.) Wie schön, o Gott, wie voll von Freude
Ist jetzt im Sommer deine Welt!
Wie prangt in seinem Feierkleide
Gebirg' und Tal, und Wald und Feld!
Wie heilig dünkt mir jede Stätte!
Wohin ich seh, wohin ich trete,
Erblicke ich, o Schöpfer, dich.
Denn nicht allein im Schmuck der Fluren,
In allen deinen Kreaturen
Zeigt Weisheit, Macht und Güte sich.
2.) Die Herden sammeln auf der Weide
Sich neue Kraft und Munterkeit.
In jedem Lämmchen hüpft die Freude,
Im Vogel die Zufriedenheit.
Die Lerche singt uns ihre Lieder,
Entzückt vom hohen Himmel nieder,
Und lehrt uns froher Andacht Pflicht.
'Entweihet nicht die Welt durch Klagen,'
Ruft sie! - 'Und in den schönen Tagen
Vergesst des milden Schöpfers nicht.'
3.) Das Lispeln in belaubten Bäumen
Sagt: Freudig müsst ihr Gott erhöhn! (a)
Das Herz der Schwermut einzuräumen,
Ist, Menschen, diese Welt zu schön.
Es ruft die blumenvolle Aue
Im perlenreichen Morgentaue:
Erfreuet euch der Huld des Herrn!
Es ruft der Fisch aus blauen Fluten:
Gott ist der Urquell alles Guten, -
Er segnet und beglückt so gern.
4.) Wie beugen sich der Saaten Spitzen!
Wie schwellen sie von Segen an,
Dass kaum der Halm die Ähren stützen,
Die reiche Last kaum tragen kann!
Dort nehmen Millionen Bienen
Den Honigsaft, um uns zu dienen,
Von Gottes schönen Blumen ab.
Hier spinnt der Seidenwurm und webet,
Eh er verwandelt wieder lebet,
Uns leichten Schmuck, und sich ein Grab.
5.) Wie hast du, Gott voll Huld und Stärke,
So väterlich an uns gedacht!
Wie manche wundervolle Werke
Fast nur zu unsrer Lust gemacht!
Hier bleichen deiner Sonne Strahlen
Der Saaten dunkles Grün, dort malen
Sie andrer Früchte Wangen rot.
Hier dörren sie des Halmes Säfte
Zu Mehl; dort kochen ihre Kräfte
Uns Linderung und Mut in Not.
6.) So ruft der Sommer uns zur Freude.
Ach meiner Seele freuet sich
In deinem schönen Weltgebäude,
Allgütiger, und preiset (b) dich.
Du bist der Schöpfer dieser Wonne!
Durch dich geschieht es, dass die Sonne
So hoch am Himmel sich erhebt.
Dir, dir, gebührt der Dank, die Ehre!
Dich preise, liebe und verehre,
Wen deines Sommers Hauch belebt!
(a) in Lied und Gebet loben
(b) Der Lobpreis oder kurz Preis ist eine Form des Gebetes im Christentum, das auf die Lobgesänge Israels zurückgeht, wie sie im Alten Testament im Psalter zu finden sind.
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Autor: Karl Friedrich Splittegarb
Melodie: Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen
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Gesangbuch für die häusliche Gottesverehrung
Freunden der Andacht gewidmet von
Johann Karl Theodor Bauer
Verlag Johann Daniel Simon
Frankfurt am Main, 1807
Liednummer 116
Thema: Sommerlied
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Karl Friedrich Splittegarb, auch Carl bzw. C. F., (* 27. März 1753 in Mittel-Steinkirch bei Lauban in Schlesien, † 18. November 1802 in Berlin) war ein deutscher Pädagoge, Schriftsteller und Dichter evangelisch-lutherischer Konfession. Er wurde als Sohn des Pfarrers Johann Bernhard Splittegarb und seiner ersten Ehefrau Christiane Elisabeth, geb. Thiemann, geboren und studierte wahrscheinlich in Frankfurt/Oder Theologie. Er kam 1776 als Kandidat für das Pfarramt nach Berlin und gründete hier im selben Jahr eine Schulanstalt für Jungen, die der Kirche St. Petri angegliedert war und bis 1886 bestand. Durch die Gründung dieser Schule wurde der Mangel an qualifizierten Schulen im Zentrum Berlin gemildert. Um den Schulbetrieb auf einem hohen Niveau zu halten, verfasste Splittegarb selbst eine Reihe von Lehrbüchern zur deutschen, lateinischen und französischen Sprache und zur Mathematik. Darüber hinaus schrieb er auch Kinder- und Jugendbücher und stellte eine Sammlung geistlicher Lieder zusammen, die er 1801 unter dem Titel 'Heilige Lieder' vorlegte, wobei er eigenen Gedichten auch Überarbeitungen von bekannten Liedern anderer Autoren beigab, die aber von Zeitgenossen als Verschlechterung gegenüber den Originalen empfunden wurden.
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