Photo: Im Schlosspark von Wiesbaden-Biebrich
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Mein Gott, nach deinem weisen Rat
1.) Mein Gott, nach deinem weisen Rat
Erleb ich wieder einen Morgen,
Was deine Hand bereitet hat,
Um die Geschöpfe zu versorgen,
Das zeigt sich jetzt in seiner Pracht
Auf's neue nach vergangner Nacht.
2.) Merk auf mein Lied, vernimm den Dank
Für jene Ruh' und dieses Leben.
Es steig, o Gott, mein Lobgesang
Zu dir, der beides mir gegeben.
Mein Lied ist schlecht, doch es gefällt
Dir selbst das Stammeln deiner Welt.
3.) Die Nacht, auf deinen Wink erscheint,
Damit der Müde sich erquicke,
Und dass den Schwachen, der da weint,
Des Kummern Last nicht niederdrücke:
Wohltätig schaffst du, dass wir ruhn,
Ja, Wohltat, Herr, ist all dein Tun.
4.) Wenn nun kein Menschenauge wacht,
Sich jedes Haupt zur Ruhe neiget,
Dann schützest du mit deiner Macht
Den, dessen Ohnmacht sich jetzt zeiget:
So unterhält, was Güte schafft,
Der Allmacht unbegrenzte Kraft.
5.) Wenn mein Verstand dies überlegt,
Muss er dich demutsvoll erheben,
Indem mein Herz sich dankbar regt,
Das du mir zum Gefühl gegeben:
Herr, ich erkenne deine Huld,
Zugleich die Größe meiner Schuld.
6.) Ich weiß, mein Dank muss tätig sein,
Soll er von dir geachtet werden.
Nur darauf siehst du, Gott, allein,
Dass jegliches Geschöpf auf Erden
Das Werk, zu dem du es bestimmt,
Weil es dich liebt, gern übernimmt.
7.) Drum, jede nur erkannte Pflicht
Will ich getreu und gern erfüllen.
Wenn mir der Mut dazu gebricht, (a)
Herr, so belebe meinen Willen:
Zu dir steht meine Zuversicht,
Denn du verlässt den Schwachen nicht.
8.) Allgüt'ger, wenn der Fall sich zeigt,
Gib, dass ich gern dem Nächsten nütze,
Den Dürftigen, den Elend beugt,
Auch u n g e b e t e n unterstütze,
In nützlicher Geschäftigkeit
Verwende meine Lebenszeit.
9.) Dass ich, wenn Freude mich beglückt,
Mein Herz bald dankbar auf dich lenke.
Wenn deine Vorsicht Leiden schickt,
Sie still ertrage und bedenke,
Dass, der es schickt, auch jedem Leid
Ein Ende macht zur rechten Zeit.
10.) Dass endlich, wenn mein Körper sinkt,
Sich naht der Rückkehr zu dem Staube,
Ich willig meinem Gott, der winkt,
Gehorche, - weil ich sicher glaube:
Dass, wenn gleich dieser Leib vergeht,
Mein wahres Ich dennoch besteht.
11.) Und dieses dauerhafte Ich
Soll, Herr, mein Gott, dich ewig loben,
Und, dass es recht erkennen dich,
Schon h i e r bemüht sein, bis es oben,
Wo Seligkeit ohn' Ende ist,
Dich sehn wird, herrlich, wie du bist.
(a) fehlt
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Autor: Wolf Otto von Pannwitz
Melodie: ohne Angaben
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Lieder zur häuslichen Erbauung
von W[olf] O[tto] v[on] P[annwi]tz
Verlag Siegismund Friedrich Hesse
Berlin, 1784
Thema: Morgenlied
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Wolf Otto von Pannwitz (* 3. Juni 1752 in Königsberg/Ostpreußen, † 18. Februar 1802 in Berlin) war ein deutscher evangelischer Domherr, Verwaltungsbeamter und Lieddichter. Pannwitz war Domherr des Domstifts Brandenburg, einem evangelischen Kollegiatstift in Brandenburg an der Havel, das dem Dom Sankt Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel zugeordnet ist und das mit kurzen Unterbrechungen seit dem Jahr 1161 besteht. Darüber hinaus diente Pannwitz als Direktor der Witwen-Verpflegungsanstalt in Berlin. Er war seit dem Jahr 1779 mit Sophie Henriette Karoline, geborener Gräfin Bachoff von Echt, (1761-1837) verheiratet. Pannwitz gab im Jahr 1784 am Verlagsort Berlin ein schmales Bändchen mit 17 eigenen geistlichen Liedern unter dem Titel 'Lieder zur häuslichen Erbauung' heraus. Hiervon übernahm der Pfarrer und Hymnologe August Jakob Rambach (1777-1851) ein Lied in seine ab 1817 erschienene mehrbändige 'Anthologie christlicher Gesänge'. Der Titel des Liedes heißt 'Darf ich klagen, darf ich zagen' und wurde von Rambach von zwölf auf acht Strophen gekürzt.
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