Photo: Türe der Evangelischen Oranier-Gedächtniskirche in Wiesbaden-Biebrich
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Mein Jesu, treuester Prophet
- Lied für den zweiten Adventssonntag -
1.) Mein Jesu, treuester Prophet,
Du predigest von großen Zeichen,
Wie Sonn' und Monde werd' erbleichen,
Wie alles, was jetzt feste steht,
Wird über'n Haufen fallen müssen,
Und als ein schmelzend Wachs zerfließen,
Den Leuten werde bange sein,
Und sie betreffen Angst und Pein.
2.) Du warnest mich vor Sicherheit,
Vor Geiz, vor Sorgen, Fressen, Saufen,
Daran jetzund der größte Haufen
Zu seinem Schaden, sich erfreut.
Mich aber heißt du beten, wachen,
Und mich dadurch bereitet machen,
Dass ich dem Unglück mög' entfliehn,
Und aus der Welt in' Himmel ziehn.
3.) Mein Jesu, wecke mich selbst auf,
Dass ich in Sünden nicht erliege,
Noch Höllenqual zum Lohne kriege,
Ermuntre mich, den Himmel zu betrachten.
Lass mich im Unglück nicht verschmachten,
Bewahre mich vor Üppigkeit,
worauf nichts folgt als Herzeleid.
4.) Verleihe mir ein wachend' Herz:
Hilf, dass ich gern und fleißig bete,
Von Ungerechtigkeit abtrete.
Und wenn dein Zorn, Angst, Not und Schmerz
Den ganzen Erdkreis wird beziehen,
So lass dem Unglück mich entfliehen.
Bricht denn der Jüngste Tag herein,
So lass ihn meinen Sommer (a) sein.
5.) Den Sommer, dessen man sich freut,
Nach den betrübten Wintertagen.
Und den kein Herbst mehr kann verjagen,
Der währen soll in Ewigkeit.
Man quält sich hier mit vielem Bösen,
Mein Jesu, komm, mich zu erlösen,
Und wenn ich vor Gericht muss stehn,
So heiß mich in den Himmel gehn.
Amen.
(a) Im Kirchenlied wird der Sommer oft als Begriff für die Ewigkeit verwendet
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Autor: Zacharias Herrmann
Melodie: ohne Angaben
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Frommer Christen Seuffzende Seele
und Singender Mund
In Sonn- und Festtäglichen,
Nebst andern Klag- Buß- Trost- und
Sterbe-Gebeten; Wie auch verschiedenen
ehemals schon gedruckten Liedern
von Zach[arias] Hermann
Breslau und Leipzig, 1722
Verlag: Johann Georg Bleßing
Thema: Advent
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Zacharias Herrmann, (* 3. Oktober 1643 in Namslau im früheren Fürstentum Breslau (heute Woiwodschaft Oppeln im Süden Polens); † 10. Dezember 1716 in Lissa) war ein deutscher lutherischer Theologe und Kirchenlieddichter.
Er besuchte ab dem Jahr 1656 das Gymnasium zu St. Maria Magdalena in Breslau; um Ostern 1664 ging er, um Theologie zu studieren, nach Jena, wo damals viele Schlesier studierten und wo er während fünf Jahre ein Stipendium vom Stadtrat seiner Heimatstadt Breslau genoss. 1667 erwarb er in Jena den Magistergrad. Sehr bald nach seiner Rückkehr nach Breslau 1669 wurde er zum Diakon in Lissa, 1681 wurde er daselbst Pastor und Inspektor und 1692 General-Senior der vereinigten Kirchen in Großpolen. Er war zweimal verheiratet; auch seine zweite Frau und eine Anzahl Kinder starben vor ihm; fünf Kinder überlebten ihn.
Als Liederdichter war er sehr fruchtbar. Ungeachtet eines eigenen Lebens voll Not und Sorge hat er mit seinen geistlichen Liedern seinen Mitmenschen Trost und Erquickung gegeben. Die Lieder wurden zunächst in seiner Gemeinde auf Einzelblättern verbreitet, nach seinem Tod ist 1722 eine Auswahl von 40 seiner 300 Lieder, herausgegeben von seinem Sohn Daniel Herrmann unter dem Titel 'Frommer Christen seufzende Seele und singender Mund', in Breslau und Leipzig erschienen.
Diese Lieder entsprechen dem Geschmack des jüngeren schlesischen Dichterkreises, doch vermeiden sie die Überschwänglichkeiten desselben. Sein bekanntestes Lied trägt den Titel 'Was betrübst du dich, mein Herze, warum grämst du dich in mir?'
Der Liederdichter darf nicht verwechselt werden mit zwei anderen gleichnamige Schriftstellern, nämlich mit dem lutherische Pastor zu Breslau (1563-1637), sowie einem Theologen und Professor aus Ulm, (1640-1711), der der Verfasser des 'Historischen Blumen-Gepüsches' (Ulm 1675 u. 1680) war.
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